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Am 27. Januar haben wir uns seit langem mal wieder aktiv an einer Holocaust-Gedenkfeier beteiligt.
Die Veranstaltung begann nach einem Grußwort mit zwei stimmigen Filmbeiträgen aus unserem Videoprojekt
„rangezoomt und draufgelinst“
das der Verein munaVeRo 2011 mit der Stadt Rodgau, Fachbereich Kinder, Jugend, und Familie gemeinsam durchgeführt hat.
(Bild links: Stadt Rodgau, Fischer)
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Neben den Rodgauer Schülern hatte auch eine Schülergruppe aus Frankfurt die Gelegenheit genutzt,
sich von einer der wenigen noch lebenden Zeitzeuginnen ihr Schicksal in der Verfolgung durch die Nationalsozialisten
schildern zu lassen. Im Gespräch mit ihr und
in der Diskussion untereinander haben sich die Schüler gefragt, was man aus der Vergangenheit für die
Gegenwart und eigenes Handeln lernen kann.
Beeindruckend und bewegend erhalten die Betrachter des Films hierbei einen sehr persönlichen Einblick in das Leben
und Leiden von Trude Simonsohn, die den Schülern trotz ihres Alters als Zeitzeugin Rede und Antwort stand.
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Die ersten Stolpersteine in Rodgau (Fotos:munaVeRo) |
Deren Bedeutung für die Aufarbeitung der Geschichte, bei der auch viele Dudenhöfer als Mittäter schuldig
geworden sind und als ein Hilfsmittel gegen das Vergessen wird in verschiedenen Beiträgen und Interviews
diskutiert und dabei auch sichtbar gemacht, was bis dahin friedlich zusammen lebende Menschen einander antun können,
wenn sie sich inmitten einer politisch fehlgeleiteten Mehrheit bestätigt sehen.
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Im Anschluss an die Filme haben die Besucher der Gedenkfeier diskutiert, was getan werden kann und muss, um die Erinnerung zu erhalten
und ähnlich schlimme Entwicklungen schon im Keim zu ersticken, ehe sie zur Gefahr für friedliches Zusammenleben
in der Gegenwart und eine gemeinsame Zukunft werden.
Die Verpflichtung von Schule und Lehrern für die erforderliche Aufklärung zu sorgen wurde von einigen betont
und andere forderten, es müsse generell mehr für die Bildung getan werden.
Sie sahen in der Verbesserung der Bildungschancen eine Möglichkeit, Hass und Rassismus zu überwinden.
Der munaVeRo Vorsitzende gab zu bedenken, dass Intelligenz und Bildung des Intellekts noch lange keinen guten Menschen mache.
Wenn, dann müsse besonderer Wert auf Menschlichkeit und "Herzensbildung" gelegt werden.
Er riet zum Misstrauen gegenüber Lehrmeinungen, Gruppen und Institutionen, die absolute Wahrheiten vertreten
wollten und verlangten, dem alles bedingungslos unterzuordnen.
(Bild rechts: Gedenkfeier am 27.1.2012 im Sitzungssaal des Rathauses. Foto: Fischer, Stadt Rodgau)
Dass das Wissen um die Verbrechen und Fehler in der Vergangenheit gerade jungen Menschen
vermittelt werden muss und es an diesen ist, für die Zukunft ähnliches zu vermeiden, darüber waren sich alle einig.
Von der Verpflichtung zu erinnern wurde gesprochen und gemeint war die Verpflichtung der Jugendlichen.
Gemeinsame Anstrengungen einer wirksamen Bekämpfung von Rechtsradikalismus wurden gefordert ohne konkret sagen zu können,
was getan werden sollte.
Solche unklaren Forderungen mussten die wenigen anwesenden Jugendlichen eher verunsichern und einschüchtern,
als sie zu ermutigen, zumal sie das Gefühl vermittelt bekamen, dass ihnen von der Mehrheit der älteren Besucher eine große
Verantwortung und Verpflichtung auferlegt werden sollte.
In seiner letzten Wortmeldung forderte daher der munaVeRo Vorsitzende, weniger über eine Verpflichtung der Jugendlichen
zur Erinnerung zu sprechen und ihnen diese Forderung als Last aufzuerlegen
als sich viel mehr Gedanken darüber zu machen, wie man ihnen die Chance zum Verstehen und Erinnern bieten könne.
Eine wichtige Möglichkeit - das direkte Erleben von Betroffenheit durch Gespräche mit Zeitzeugen
sei nicht mehr lange vorhanden.
Und was die jungen Menschen tun könnten oder müssten sei eigentlich nichts großartiges - wenn Jeder sich im Kleinen
und seinem Umfeld angewöhnt, darauf achtet, dass niemand diskriminiert oder gemobbt wird, und sofort einschreitet,
dann ist bereits das Wichtigste erreicht und die großen Probleme entstehen vielleicht gar nicht mehr.
Wie eine Schülerin in der Diskussion mit Frau Simonsohn sinngemäß gesagt hat: man sollte schon [bei den Anfängen]
aufpassen und sofort etwas tun, solange man es noch kann "weil viele Dinge fangen einfach so an dass sie zuerst heruntergespielt werden und ich glaube nicht, dass der
Nationalsozialismus am Anfang schon groß war, der hatte auch seine kleinen Anfänge!"
Die Diskussion stand unter Leitung des ehemaligen Landrats Josef Lach.
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