zurück zu Erinnern

Rückblick 27.01.2003 (Holocaustgedenktag):
Eine gemeinsame Veranstaltung mit der Stadt Rodgau zum Holocaustgedenktag fand diesmal im Bürgerhaus Dudenhofen statt
.
Nach einer Einführung seitens munaVeRo las der Publizist und Rezitator Rainer Schepper aus Münster/Westf. vor nicht ganz 40 Zuhörern aus der Novelle "Der Rabbi von Bacherach", in der
Heinrich Heine die Wurzeln des Antisemitismus lange vor dem Nationalsozialismus aufgezeigt hat. Trotz des sehr umfangreichen und nicht einfachen Textes gelang es Rainer Schepper, die Aufmerksamkeit des Publikum bis zuletzt durch seine Stimme und den professionellen Vortrag zu fesseln.
"Das war ja wie eine Lesung im Rundfunk!", so der Kommentar einer Zuhörerin.

In der Pause gab es angeregte Gespräche im Foyer, wo eine Ausstellung mit Bildern und Plakaten einen kleinen Eindruck von der
Arbeit des Vereins, von Projekten gegen Rassismus und von den beiden ersten Holocaust Gedenkveranstaltungen vermittelte.

es füllt sich Lesung Schepper
  Der Ansingraum füllt sich                    Rainer Schepper liest  

im Foyer Diskussion im Foyer  (Bilder: munaVeRo)

Bundespräsident Roman Herzog hatte am 3. Januar 1996 dazu aufgerufen, diesen Gedenktag in Deutschland zu begehen.
Die Stadt Rodgau (wie auch munaVeRo der Aktion "Gesicht Zeigen" kurz nach Gründung im August 2000 beigetreten) hat angesichts dieser Mitgliedschaft beschlossen, den Holocaustgedenktag in Rodgau ab 2001 regelmäßig in einem würdigen Rahmen zu begehen

Für die ersten Veranstaltungen hatte die Stadt jeweils den Sitzungssaal des Rathauses in Jügesheim zur Verfügung gestellt.
Im ersten Jahr (2001) wurde der Vormittag von den Kirchen (Zeitzeugengespräch mit Bürgern aus Dudenhofen und Frau Dr. Zoja Fiedler) und der Abend durch munaVeRo  (Lyrik und Lieder der Sinti und Roma unter dem Titel: "Rom Som", mit Anita Awosusi und den Musikern Romeo Franz und Unge Schmitt) gestaltet.
Im letzten Jahr hatten wir eine Schülergruppe der Nell-Breuning Schule eingeladen, die ihre Eindrücke aus einem einwöchigen Aufenthalt in Auschwitz mit Gedichten, Zeichnungen, Plastiken, Liedern und einer Film-Collage zu einer beindruckenden und beklemmenden Präsentation aufgearbeitet hatten.

 
Gab es bei den bisherigen Veranstaltungen  einen unmittelbaren (zeitlichen) Bezug der Darbietung zu Auschwitz, so haben wir diesmal gemeinsam etwas ganz anderes ausgesucht: die Lesung eines Werkes von Heinrich Heine, der lange vor dem Aufkommen des Nationalsozialismus gelebt hat. 
Von ihm stammt das Wort: „Wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende gar auch Menschen", was durch die Ereignisse zwischen 1933 und 1945 zu einer schrecklichen Realität wurde.
Heines Schriften wurden in Deutschland wegen zu freiheitlicher Ideen schon ca. 100 Jahre  vor der nationalsozialistischen Bücherverbrennung zum erstenmal verboten.
Es gab aber auch schon zu seiner Zeit und lange davor “Antisemitismus” und  Hass auf Juden, was der Jude Heine in einigen seiner Werke mit Ernsthaftigkeit oder beißendem Spott thematisiert hat (wie in seiner Donna Clara, die nur böse Worte für die Juden findet und dann erfahren muss, dass der Ritter, dem sie gerade innigste Liebe geschworen hat, selbst ein Jude ist).
Der Rabbi  in Heines - an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit angesiedelten -  Erzählung entgeht mit knapper Not der Ermordung, indem er aus Bacharach in die Stadt Frankfurt flieht. Dort findet er im Judenviertel Aufnahme, dessen Zugang auch hier durch dicke Tore geschützt werden muss. Nirgends sind die Juden vor Verfolgung sicher, denen man allerlei Greuelgeschichten wie das Schlachten von Kindern nachsagt und die von der abergläubischen Bevölkerung und vom Pöbel schnell für Katastrophen und jedwedes Unglück verantwortlich gemacht werden.