Rückblick auf Veranstaltungen
Filmabend "Interkulturelle Beziehungskiste" am 24.4.2010
Passend zum Thema schildert der Film "Just a Kiss" von Ken Loach den Konflikt zwischen
dem persönlichem Glücksanspruch zweier junger Menschen, wie er in der westlichen Gesellschaft inzwischen selbstverständlich
ist - und aus der pakistanischen Heimat mitgebrachten Bindungen und Traditionen einer muslimischen Zuwanderer-Familie.
Vorurteile der westlichen Gesellschaft gegenüber Muslimen und mangelnde Toleranz eines kirchlichen Arbeitgebers
"erweitern" ihn auf der anderen Seite und tragen für die Betroffenen nicht zur Vereinfachung bei.
Die junge irische Musiklehrerin Roisin Hanlon und Casim Khan, ein junger Pakistani, geraten in diesen Konfikt
als aus ihrer Zufallsbegegnung plötzlich Liebe wird.
Roisin unterrichtet an einer katholischen Schule in Glasgow, auf die Tahara, Casims temperamentvolle jüngere Schwester geht.
Als Casim seine Schwester vor der Schule abholen will, wird diese als Muslima von katholischen Mitschülern
geärgert und verfolgt die Jungen empört in einer wilden Jagd ins Schulgebäude bis in den Musikraum, wo sie von Roisin aufgehalten wird.
Auch Casim ist ihr in die Schule gefolgt und steht zum ersten Mal Roisin gegenüber.
Er nimmt eine Gitarre zur Reparatur mit, die bei der wilden Verfolgung zu Bruch gegangen ist.
Einige Tage später erwartet er Roisin mit der reparierte Gitarre vor der Schule. Da Roisin kein Auto besitzt, fährt er
sie mit der Gitarre nach Hause. Unterwegs muss Roisin sich ducken, als er am Laden eines Onkels vorbeifährt, was sie sehr irritiert.
Sie ist neugierig geworden und geht auf eine Verabredung ein. Aus der Zufallsbegegnung wird Liebe, was
Casim in große Gewissenskonflikte stürzt.
Seine Familie, die er sehr schätzt, hat nach der Tradition für ihn bereits eine Braut ausgesucht, die er zwar nicht kennt, aber die er
in Kürze heiraten soll. Das von seinen Eltern gegebene Eheversprechen soll er einlösen und keine Schade über sie bringen.
Er empfindet die Verpflichtung gegenüber der Familie als ausweglosen Konflikt zu seiner Liebe, für die
er sich nicht sofort entscheiden mag, weil das seine Eltern verletzen muss.
Auch Roisin erzählt er erst von dem Eheversprechen, als sie sich schon sehr nahe gekommen
sind und sie sich sicher ist, in Ihm die Liebe ihres Lebens gefunden zu haben.
Casims Freunde haben wenig Verständnis für seine Beziehung und seiner Familie verschweigt er sie zunächst.
In einer Auseinandersetzung wirft er Roisin vor, für sie sei das alles kein Problem und sie könne seine Lage nicht verstehen.
"Kein Problem" stellt sich als Trugschluss heraus, denn ihre Anstellung an der katholischen Schule gerät in Gefahr, als ihre
Beziehung zu einem Muslim bekannt wird. Obwohl der Schulleiter sie unterstützt muss sie letztlich die Schule verlassen
und die sofortige Versetzung an eine konfessionslose Schule akzeptieren.
Wenn sie zu ihrer Beziehung stehen wollen, geht das nicht, ohne jemanden zu verletzen -
für beide bedeutet die Verbindung einen Bruch mit ihrer bisherigen Umgebung und Casim kann diesen Schritt
nur schwer gehen. Erst als seine ältere Schwester und die Eltern seine Rückkehr und Roisins
Verzicht auf ihn in unfairer Weise erzwingen wollen, kann er die schmerzliche Entscheidung treffen.
Der Film zeigt die Probleme mit der
nötigen Ernsthaftigkeit auf, aber begleitete sie auch immer
mit einem humorvollen Augenzwinkern - und ermöglichte besonders dadurch Verständnis für beide Seiten.
Auch die Rolle junger muslimischer Frauen und der Einfluss der Familie auf sie wird - wenn auch eher beiläufig -
im Film angesprochen, wenn Casim (in diesem Moment unbewusst ganz der muslimische Mann und große Bruder) seine Schwester aus der Disco weist,
in der er selbst sich mit Roisin verabredet hat, oder
wenn ihr Vater empört die Mitteilung über ein Stipendium zerreisst, um das Tahara sich heimlich in Edinburg beworben hat.
Ihr Vater verbietet kategorisch die Annahme und Casim, von dessen heimlicher Liebe sie weiss und die Sie als einzige
in der Familie billigt, sagt kein Wort zu ihrer Verteidigung. Dennoch verrät sie ihn in dieser Situation nicht, nennt ihn nur empört einen Heuchler.
Fazit:
Alle Teilnehmer waren beeindruckt und mit der Filmauswahl zufrieden. Einziger Kritikpunkt: die für mich
nicht anstößigen, aber doch recht freizügigen von der Kamera verfolgten Liebeszenen, die keinen wesentliche Beitrag
zur eigentlichen Botschaft des Films leisten. Sie nehmen zeitlich mehr Raum ein, als die vorsichtige Thematisierung von
Taharas Emanzipationsversuchen - und sie könnten davon abhalten, den eindrucksvollen Film, der durchgängig als Plädoyer für Toleranz
zu sehen ist, auch Jugendlichen unter 18 Jahren zu zeigen - was schade wäre.
Freigegeben war der Film laut Prädikat ab 12 Jahren.
Das empfanden die Anwesenden -bei allem "Frivolwollen" - in Anbetracht der Liebeszenen als zu früh!
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